Das Spiel der Filmschauspieler und seine kinematografische Darstellung in den frühen deutschen Filmtheorien - Archive ouverte HAL Accéder directement au contenu
Chapitre D'ouvrage Année : 2013

Das Spiel der Filmschauspieler und seine kinematografische Darstellung in den frühen deutschen Filmtheorien

Résumé

Das Spiel der Filmschauspieler und seine kinematografische Darstellung in den frühen deutschen Filmtheorien Odysseus aber, (...), hörte ihr Schweigen nicht, er glaubte, sie sängen, und nur er sei behütet, es zu hören. Flüchtig sah er zuerst die Wendungen ihrer Hälse, das tiefe Atmen, die tränenvollen Augen, den halb geöffneten Mund, glaubte aber, dies gehörte zu den Arien, die ungehört um ihn verklangen. (Kafka, "Das Schweigen der Sirenen") In einer Zeit, in der Theater und Film sich gern der Schillerschen "Rede-Wut" (E. Jelinek) verschreiben bzw. wild gestikulierende Schauspielerkörper durch einen intermedial hysterisierten, kaum mehr anthropozentrischen Bühnenraum oder durch eine durch sekundenschnellen Schnitt zerstückelte Leinwandfläche jagen, weiß kaum noch jemand wie das Spiel von "stummen" Schauspielern aussah. Es war größtenteils ein Spiel, in dem sich Texte und Worte durch Theaterkonvention bewusst zugunsten einer wohldurchdachten Zeichensprache von der Bühne zurückzogen (Pantomime) oder in dem die sichtbaren Bewegungen des Mundes auf Grund der fehlenden Synchronisierungstechnik noch nicht von Tönen begleitet werden konnten (Kino)1, so dass das Spiel der Gesichter in der Großaufnahme besonders verstörend erscheinen mochte. Konvention und Defizit2 hatten indes auch Vorteile. Beispiel Film: Indem er sich mit der vielschichtigen Visualisierung (Gesichtsausdrücke, Gestik, Zwischenti-1 Die Bild-Ton Experimente der Jahrhundertwende, etwa die vom Filmpionier Oskar Messter-Nachsynchronisierung von stummen Opernszenen mit Hilfe von Plattenaufnahmen-sind nicht nur ein technisches Kuriosum, das damals lediglich die Tüftler beschäftigte, wie die vielen Ton-Bild-Patente belegen. Sie sind auch mehrfaches Symptom, u. a. dafür, dass man bei Aufnahmen von berühmten Opernsängern oder Theaterschauspielern (Sarah Bernhardt) das Fehlen der Stimmlichkeit als unzumutbare "Verstümmelung" empfand (s. weiter unten), die im Gegensatz zu den nicht hörbaren Dialogen von keiner Mimik, Gestik oder Zwischentitel wieder wettgemacht werden konnten. 2 In seinen vielkommentierten "Gedanken zu einer Ästhetik des Kinos" von 1911 vertritt Georg Lukács die These, dass die "Stummheit" des frühen Kinos nicht auf die "Unvollkommenheit der Technik" zurückzuführen ist: "…bloß scheinbar wegen der heutigen Unvollkommenheit der Technik-sind die Szenen des Kinos stumm: was an den dargestellten Ereignissen von Belang ist, wird durch Geschehnisse und Gebärden restlos ausgedrückt, jedes 148 © Frank & Timme Verlag für wissenschaftliche Literatur tel) eines nicht hörbaren Wortes begnügen musste3, war der sogenannte Stummfilm wiederum in der Lage, das Augenmerk der frühen deutschen Filmtheorie auf die Modalitäten eines komplexen Spiels mit eindeutig verbaler, aber nicht akustisch umsetzbarer, Kommunikation zu richten. Diese musste darüber hinaus eine ebenfalls stumme narrative Komponente enthalten, die dieses Spiel stark beeinflusste. Über ein noch nicht lösbares Dilemma hinweg konnte die damalige Filmtheorie mit neuen Mitteln diese nichtverbale Expressivität hinterfragen und dabei auf eine seit der Antike hinlänglich bekannte Form der eloquentia corporis rekurrieren, die vor
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Origine : Fichiers produits par l'(les) auteur(s)

Dates et versions

hal-02185126 , version 1 (16-07-2019)

Identifiants

  • HAL Id : hal-02185126 , version 1

Citer

André Combes. Das Spiel der Filmschauspieler und seine kinematografische Darstellung in den frühen deutschen Filmtheorien. Das Spiel in der Literatur, 2013. ⟨hal-02185126⟩
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