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Chapitre D'ouvrage Année : 2016

MONSTER -SAMMLUNG UND ALLEGORIE

Résumé

Wie abstoßend, ekelerregend, hässlich oder geheimnisvoll Monstrositäten auch aussehen, es geht bei ihnen stets mit rechten Dingen zu-nur die Kräfte der Natur bringen sie hervor. Auf einen Satz dieser Kürze lässt sich der Kernge-danke zusammenfassen, den Denis Diderot in der zweiten Hälfte des 18. und Étienne-Renaud-Augustin Serres 1 in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegen den Aberglauben aufboten, dass Monster von Gott gewollt, von üppiger weiblicher Phantasie geformt oder von unordentlichen Geschlechtsdrüsensäften gezeugt seien. Die Natur nach Auffassung Diderots war aber verschieden von der Natur nach Meinung Serres'. Für jenen war sie unbändig erfinderisch, selbstgestal-tend, lauter freischaffende Materie, die sich ihre Ordnung nach Lust und Laune gab. Für diesen war sie das Sein in beharrendem Bestand. Und beide beriefen sich auf Anschauungsmaterialien, um ihr Plädoyer für die Natürlichkeit organi-scher Verformungen zu stützen. Eine solche auseinanderbrechende Konstella-tion möchte erläutert sein. Beginnen wir mit Serres. In der Natur sei alles großartig und bewunderns-wert. Gleichviel, was einem an Unregelmäßigkeit oder Unvollkommenheit unter die Augen komme, es setze Regel und Vollkommenheit voraus, denn die "Ordnung liegt der Unordnung zugrunde" 2. So behält alles stets und überall seine Ordnung-noch die ärgste organische Ausgeburt bleibt den Ordnungsfor-men der Naturgesetze unterworfen. Um Monster als erklärbare Erscheinung zu begreifen, müsse man die Natur und deren Gesetze (er-)kennen. Dann brauche man sich vor ihnen auch nicht mehr zu fürchten. 3 Ergänzend meinte Serres: "Al-les, was dieser schicklichen Einrichtung nicht genügt oder sie übertrifft, dünkt uns unordentlich, und wir beurteilen jedes Lebewesen als Monster, das sich nicht streng an die Grenzen der normalen Organisation seiner Art hält." 4 1 Der französische Arzt lebte von 1786 bis 1868. Seine Namen sind nicht einhellig überliefert; die biobibliographischen Datenbanken (sowohl der Bibliothèque nationale, der Académie de Médecine wie auch der BiuSanté, alle Paris) heißen Serres bald "Étienne-Renaud-Augustin", bald "Étienne-Renaud-Auguste". 2 Serres o.J., Mémoire, 1: "L'ordre est dans la désordre." 3 Ausführlicher als in dem hier herangezogenen Text legte Serres die Theorie der "organoge-nèse" der Monstrositäten in seiner mehr als 300-seitigen Monographie über die Anatomie der Abarten dar; vgl. Serrres 1832, Recherches d'anatomie, 3-12. 4 Übersetzung durch A. M., frz. Original: Serres o.J., Mémoire, 1: "Tout ce qui n'atteint pas et tout ce qui dépasse cet arrangement convenu, nous paroît désordonné, et nous qualifions de monstre tout ce qui ne reste pas étroitement circonscrit dans les limites de l'organisation nor-male de son espèce." [Herv. i. O.].

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hal-02070016 , version 1 (26-03-2019)

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  • HAL Id : hal-02070016 , version 1

Citer

Charles T. Wolfe, Métraux Alexandre. MONSTER -SAMMLUNG UND ALLEGORIE. Sarah Schmidt. Sprachen des Sammelns. Literatur als Medium und Reflexionsform des Sammelns, Fink, pp.487-495, 2016. ⟨hal-02070016⟩
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